Biederitzer Kantorei

Hofkonzert | 9. September 2012


Text: Astrid Koch | Fotos: Reinhard Szibor






RHAPSODIE IN WOOD zum 75. Todestag von George Gershwin

Das Philharmonische Bläserquintett Magdeburg
spielte

George Gershwin (1898-1937)
- Rhapsodie in Blue -
- Amerikaner in Paris -
(Uraufführung der Fassung für Bläserquintett)

Samuel Barber (1910-1981)
- Summer Music -

Thomas Kapun: Flöte | Henning Ahlers: Oboe | Georg Dengel: Klarinette | Ueli Bitterli: Horn | Gerd Becker: Fagott

Das Philharmonische Bläserquintett Magdeburg ist ein traditionsreiches Ensemble, das sich aus den Solo-Bläsern der Magdeburgischen Philharmonie zusammensetzt. Es liegt ihnen am Herzen, den reichen Schatz der weithin weniger bekannten Literatur für Holzbläserquintett dem geneigten Publikum offenzulegen. Neben dem Repertoire, das Werke aus der Klassik und Romantik von Komponisten wie Danzi, Reicha, Klughardt und Taffanel sowie aus der klassischen Moderne mit Kompositionen von Ravel, Bozza, Hindemith und Barber umfasst, haben die Künstler auch immer wieder neue Stücke im Programm. Es werden in deutscher Erstaufführung eine Bearbeitung der „Rhapsodie in Blue“ und des Amerikaners in Paris“ für Bläserquintett erklingen.


Das erste Hofkonzert auf dem Bauernhof Sänger

Von Astrid Koch

Letzte Schwalben segeln am blassblauen Septemberhimmel. Die abendliche Sonne wärmt angenehm, die Luft ist seidig. Im Rahmen des Biederitzer Musiksommers soll heute zum ersten Mal ein Hofkonzert stattfinden. Wird es angenommen werden? Schon auf dem Weg zum Hof sind die Musiker zu hören. Durch ein mächtiges Tor betreten wir einen Vierseitenhof. Rechts und links begrenzen Stallungen den großen Komplex. Gegenüber schließt eine Scheune das Anwesen ab. Davor üben fünf Bläser der Magdeburger Philharmonie Gershwinmelodien.

Mein Mann und ich sind für die Kassierung verantwortlich. „Wie mag das heute werden. Ob überhaupt genug Leute kommen, damit sich das Ganze lohnt“? Wir sind skeptisch. Während unser Kassentisch gleich hinter dem Tor steht, befindet sich etwas weiter drinnen ein Tisch für den Getränkeverkauf. Alles ist bestens vorbereitet.
Die Mitte des Areals ziert ein gewaltiger Kirschbaum. Er wirkt mit seinem dicken Stamm und der ausladenden Krone fast wie eine Dorflinde.

Erste Interessenten betreten zögernd den Hof. Viele scheinen nicht den Weg hierher zu suchen.
„Schatz, ich möchte mir mal das hier alles ansehen, falls es später vielleicht doch noch voller wird.“
„Geh nur“, stimmt mein Mann mir zu, „ ich schaffe das schon allein“. Ein freundlicher Herr, der Besitzer, kommt auf mich zu: „Möchten sie sich hier umsehen? Gehen sie nur. Sie können auch ruhig durch die Scheune laufen. Die Kinder sind auch schon durch.“ Richtig, vorhin kamen Kinder angerannt, riefen uns nur zu: „Mutti bezahlt“, und fort waren sie. Langsam schlendere ich über das Kopfsteinpflaster, luge neugierig in die offenen Türen. Lange ist es her, dass ich solchen intakten Hof sah.

Auf einer Wiesenfläche hinter der Scheune weiden Ziegen und ein Pony. In einem Baum lockt ein massives Baumhaus zum Hinaufklettern – ein wahres Kinderparadies. Dort sind tatsächlich die Kinder. Sie kennen sich anscheinend aus.
Doch ich habe keine rechte Ruhe, möchte zurück zu meinem Mann und zur Kasse. Tatsächlich, bei ihm stehen die Leute Schlange, wollen Eintrittskarten. Na sowas! – Wie mich das freut! Schnell helfe ich mit. Als der erste Ansturm vorüber ist, dränge ich: „Sieh dich auch mal um. Wirst sehen, es lohnt sich“. Nach einem zögernden: „Kommst du allein klar?“geht er.

Inzwischen hat sich neben uns ein richtiger Fuhrpark von Fahrrädern gebildet. Die Zuhörer kommen zu Fuß, mit Fahrrad und Auto. Der Strom der Interessenten reißt nicht ab. Das hatten wir nicht erwartet, nicht zu hoffen gewagt. Sie kommen aus Biederitz und Umgebung, aus Möser und Magdeburg. Schließlich verkaufen wir unsere letzte Eintrittskarte, aber der Zustrom hält an. Wir kassieren und winken durch. Andere Helfer haben noch zusätzliche Bänke herbeigeschafft. Dann ein Blick zum Getränketisch - werden Wasser, Saft und Wein reichen? Wir lachen uns fröhlich zu: Was für ein Tag!

Allmählich wird es ruhiger. Man hört das leise Tok, Tok, Tok einiger Hühner, die zwischen den Steinen nach Körnern suchen, hört das zärtliche Zwitschern der Schwalben und das Lachen der Kinder, die jetzt im Sandkasten unter dem Kirschbaum spielen. Das alles stört in dieser froh-gelassenen Atmosphäre auch nicht, als die Musiker nun mit ihrem Spiel beginnen. Es passt einfach hierher. Als dann auch noch ein Schwein neugierig über eine Halbtür aus seinem Stall lugt und offenbar interessiert den Klängen lauscht, hebt das noch einmal die Stimmung.
Rhapsodie in Blue, Ein Amerikaner in Paris und Melodien aus Porgy und Bess sind nur einige der beliebten Musikstücke, die wir zu hören bekommen.

Viel zu schnell vergeht die Zeit. Die Zugaben nach dem langanhaltenden Applaus sind irgendwann beendet und das Publikum mag sich kaum trennen: „Wann machen sie mal wieder so etwas“? „Wann wird das wiederholt“? werden wir immer wieder gefragt. Die Musiker möchten am liebsten gleich einen neuen Vertrag abschließen, so gut hat es auch ihnen gefallen.

Langsam leert sich der Hof. Auch das Fahrradchaos hat sich problemlos aufgelöst. Wir erzählen noch mit ein paar Freunden, tauschen uns über das Erlebte aus, sind glücklich über diesen rundum schönen Tag. Und das Beste: Im nächsten Jahr soll es tatsächlich wieder ein Hofkonzert geben!